»Es erschreckt mich etwas, dass du neulich nicht die Fuldabrücke erinnertest, über die wir so oft gefahren sind, kernzelle der stadt Kassel. Wenn man schon stadtbaukunst studiert… ich gebe dir daher ihr bild das ich übrig habe und eine beschriftung mit zusätzen, die ich neu schrieb. Lies sie aufmerksam. Es ist immer sehr spannend den punkt herauszufinden, um den ein ort gewachsen ist.«
Aus: Hans Jürgen von der Wense: Von Aas bis Zylinder. Werke. Bd. 1, Frankfurt 2005, S. 610, der Textausschnitt und das Bild von Wense aus demselben Band, S. 610, 611, mit freundlicher Genehmigung von Reiner Niehoff.
Vielleicht ist Hans Jürgen von der Wense, als er 1932 von Karlshafen nach Kassel wanderte, über diese alte Kasseler Brücke gegangen. Er hat sich – wie man aus seiner Einwohnerkartei entnehmen kann – am 7.6.1932 angemeldet und als Adresse die Obere Karlstraße ½ , bei Schulze angegeben. Als Beruf wurde »Privatgelehrter« vermerkt. Seinen Wohnsitz Kassel hat er endgültig am 23.4.1940 aufgegeben und ist an seinen letzten Wohnort Göttingen gezogen. Zwischendurch war er von April bis August 1935 und Oktober 1935 bis Mai 1936 in Gierskopp, Kreis Meschede, von Ende 1936 bis Ende 1937 in Braunschweig angemeldet. In Kassel hat er insgesamt nicht Mal sechs Jahre gewohnt, aber von Göttingen aus war er noch oft in Kassel, weil dort seine Mutter, mit einer kurzen Unterbrechung im Jahre 1940, sie war für einen Monat nach Gießen gezogen, bis zum Jahre 1943 lebte. Abgemeldet hat sie sich am 8.4.1943 um nach Göttingen in den Friedländerweg 11 zu ziehen.
Jürgen von der Wense wohnte in Kassel nach der Oberen Karlstraße in der Schönen Aussicht 2, bei Döll und ist dann in die Schöne Aussicht 3 gezogen, wo auch seine Mutter immer gemeldet war.
In der Einwohnerkartei des Stadtarchivs Kassel findet man weitere Familienmitglieder der von der Wense, so den Hauptmann Alexander v. d. Wense (1841 – 1887), und seine Ehefrau Carolin Mathilde Emilie (1855-1922) aus der bekannten Kasseler Familie von Dehn-Rothfelser, den Oberstleutnant Kuno Ernst Wilhelm v. d. Wense (geb. 1889), eine Paula v. d. Wense, geb. König (1866 – 1963), verheiratet mit Gustav Adolf v. d. Wense (1847- 1895) und den Gartenarchitekten Jürgen Klaus Hasso v. d. Wense (geb. 1939). Allerdings lebte bzw. wohnte kein Verwandter der Familie in Zeit von 1932 bis 1943 mehr in Kassel.
Dieter Heim schreibt, dass »Wense die Geschichte bestimmter Straßen, Friedhöfe, Kirchen, bedeutender Gebäude« und sogar die Bewohner einzelner Altstadthäusern rekonstruierte. Insbesondere zu dem in Kassel wirkenden Mathematiker Jost Bürgi habe Wense 28 Seiten verfasst. Wense plante die gesamten Artikel zu einem mit dem Arbeitstitel »Hessenbuch«, später auch »Wanderbuch« genannten Werk zusammenzufassen. (Geschichte einer Jugend. 1999, S.409).
Wense setzte sich intensiv mit der Stadt Kassel auseinander, er kommentierte deren Veränderungen und beschrieb die von ihm fleißig benutzten Kultureinrichtungen, wie die Bibliothek, Theater, Musikveranstaltungen, Museen bis zur documenta. Das politische und kulturelle Milieu einer Region im Umbruch wird sichtbar.