165 (!) landeskundliche Mappen hat Jürgen von der Wense hinterlassen.
Der Verwalter und damit wohl auch bester Kenner des Nachlasses, Dieter Heim, schreibt nach Durchsicht dieser Mappen:
»Seine tiefste Liebe aber gehörte dem ehemaligen Kurhessen und dem ostfälischen Raum. So bezeichnet [Wense] die alte Landgrafschaft Hessen um Kassel oder den »Chattengau« als »… nördlich der Alpen das reichschönste und lebendigste noch antike Land.« (Geschichte einer Jugend. 1999, S. 410)
Der wesentliche Teil der landeskundlichen Mappen (Erläuterungen bei Lissek 2000, Anhang, S. XXI ff.) umfasst ein Konvolut von 123 Mappen, die vorwiegend nach hessischen, fälischen und niedersächsischen Flüssen benannt wurden.
Einen Auszug aus diesem »Wanderbuch« liefert Dieter Heim in seinem Werk »Wanderjahre« von 2006, z.B. S. 28ff. zu Kassel und Umgebung, S. 164-168 zu »Bursfelde«, S. 332-338 »Zum Messtischblatt Hedemünden«, anschließend zum »Kaufunger Wald«.
Einen ersten Überblick bietet auch Lissek in seiner Dissertation (S. 101-138) unter der Überschrift »Wense sucht erneut das Weite und (er)findet die Mittelgebirge: Das „Wanderbuch“ (1932 – 1941)«.
Aber nicht nur in den landeskundlichen, auch in den genealogischen Mappen und anderen Konvoluten gibt es Hinweise auf unsere Region. Im Zusammenhang seiner Wanderungen in den Jahren 1932 bis 1941 sind auch seine Fotografien zu sehen, denn er plante sein »Wanderbuch« mit Fotos zu illustrieren. (Lissek, 2000, S. 122ff.)
»In einer Hinsicht fand Wense diesen Raum, und er war größer, als er erwartet hatte und sehr genau begrenzt; es war dies sein „Wandergebiet“, das einen Umfang von ca. 200 km2 hatte und dessen Außenlinien die heutigen Bundesautobahnen A45 (im Westen), A46 (im Norden), A7 (im Osten) und A5 (im Süden) bilden: Sauerland, Rothaargebirge, Habichtswald, Meißner-Naturpark. Bis zu seinem Tode sollte er diesen Raum nicht mehr verlassen und ihn auch nur geringfügig erweitern: ein wenig nach Norden, in Richtung Göttingen und Kaufunger Wald, und ein wenig nach Osten, gegen Eschwege und das Werra-Tal zu.«(Lissek 2000, S. 103)
Immer mit einer Karte und gut vorbereitet, durchmisst Wense wandernd dieses Gebiet, man muss es immer wieder betonen, er wanderte Stunden und Tage zu Fuß, meist abseits der Wege! Über diese Wanderungen berichtet Wense in Briefen an seine Freunde, daraus erfahren wir u.a. geographische, landeskundliche, geologische, astronomische, genealogische und historische Daten, grandiose Naturschilderungen stehen neben literarischen und persönlichen Reflexionen, wandern wird für Wense »eine Gnade der Erhaltung« (Wanderjahre. 2006, S. 302). Mitten im 20. Jahrhundert, mitten in Deutschland und in der Mitte seines Lebens verlässt ein Mensch immer wieder die Zivilisation, um in der Topographie der Landschaft die Topographie seiner Seele wider in die Balance zu bringen, wie er im Sinnbild der Schaukel notiert: »Die Schaukel ist Ruhe und Bewegung. Sie hält das Maß. Darum sind alle Messgeräte Schaukeln: Oszilloskope, Metronome, Radiosonden, die Uhr.« (Aus: Die Schaukel, in: Epidot 1987, S.164)