„Die Erde feiern“ – Vierte Wense-Tagung Oktober 2016

Die Erde feiern. Kraftfelder und Korrespondenzen im Werk Hans Jürgen von der Wenses
Kasseler Tagung zu Leben, Werk und Wirkung, 27. und 28. Oktober 2016

Vor fünfzig Jahren, am 9. November 1966, starb Hans Jürgen von der Wense in Göttingen. Aus diesem Anlass veranstaltet das Literaturhaus Nordhessen nach 2008, 2010 und 2013 die vierte hochkarätig besetzte Tagung zu Leben, Werk und Wirkung des Schriftstellers, Übersetzers, Komponisten und Universalgelehrten. Die öffentliche Tagung findet am Donnerstag 27. und Freitag, 28. Oktober 2016 im Kulturhaus Dock 4 in Kassel statt unter dem Titel „Die Erde feiern. Kraftfelder und Korrespondenten im Werk Hans Jürgen von der Wenses“. Eröffnet wird sie vom Kasseler Oberbürgermeister und Kulturdezernenten Bertram Hilgen.

Ein Teil der acht Vorträge wird sich Wenses ungestümer Begeisterung für Natur und Landschaft widmen, die er quer durch alle nur denkbaren literarischen und künstlerischen Gattungen artikulierte. In seinen Nachlass finden sich präzise Beschreibungen von hymnischen Porträts, Übersetzungen von Schöpfungsmythen aus den entlegensten Weltgegenden oder von poetischen Kartografierungen der Regionen Nordhessen und Ostwestfalen, die er so ausgiebig erwandert hat wie kein anderer. Es ist diese einzigartige Spannung von lokaler Landeskunde und kosmogonischer Mystik, die Wenses Werk heute so rätselhaft wie vielseitig anschlussfähig macht. Dementsprechend gibt es in einem zweiten Schwerpunkt der Tagung Vorträge, die ihren Fokus auf die literarische, philosophische, motivgeschichtliche und psychohistorische Verortung des Solitärs Wense richten.

Referenten sind:
Prof. Dr. Dieter Heim (Geologe i. R., Löffingen, ehemaliger Freund und Weggefährte Wenses,).
Prof. Dr. Wolfgang Kemp (Kunst- und Fotografiehistoriker, Hamburg und Lüneburg),
Dr. Andreas Langenbacher (Essayist und Literaturkritiker, Zürich),
Dr. Sven Rücker (Philosoph, Berlin),
PD Dr. Reiner Niehoff (Germanist, PD, Berlin),
Valeska Bertoncini (Philosophin und Literaturwissenschaftlerin, Berlin)
Ulrich Grober (Journalist und Schriftsteller, Marl),
Dr. Harald Kimpel (Kunsthistoriker, Kassel),
Daniele Dell’ Agli (Schriftsteller und Philosoph, Kassel).

Besondere Höhepunkte der Tagung sind zwei Abendveranstaltungen. Zunächst steht ein Konzert mit Liedern und Klavierstücken von Wense und wahlverwandten Zeitgenossen auf dem Programm. Ausführende sind Holger Falk (Bariton) und Steffen Schleiermacher (Klavier), zwei ausgewiesene Interpreten moderner und neuer Musik. Das Konzert wird von Deutschlandradio Kultur aufgezeichnet. Abschluss der Tagung bildet die Uraufführung des Radioessays „Aufbruch ins Wetter. Die Wetterbücher Hans Jürgen von der Wenses“ von Valeska Bertoncini. Der Radio-Essay wird zu einem späteren Zeitpunkt auf SWR2 ausgestrahlt.

Ausgerichtet wird die Tagung vom Literaturhaus Nordhessen in Zusammenarbeit mit dem Kulturhaus Dock 4 und dem Wense-Forum Kassel. Die alle zwei bis drei Jahre stattfindenden Tagungen wollen Impulse zur Aufarbeitung des Nachlasses geben und dazu beitragen, Wenses Werk in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Auf Vermittlung des Literaturhauses Nordhessen konnte Wenses Nachlass im Jahre 2009 erworben werden und wird seitdem in der Universitätsbibliothek Kassel aufbewahrt.

Tagung, Konzert und die Aufführung des Radio-Essays sind öffentlich. Karten können zum Preis von 15 Euro (Teilnahme ein Tag) oder 20 Euro (zwei Tage) vor Ort erworben werden. Der Konzerteintritt beträgt 10 Euro. Kartenreservierung möglich unter
info@literaturhaus-nordhessen.de

Die Tagung wird gefördert vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK), dem Kulturamt der Stadt Kassel, dem Kulturhaus Dock 4, der Kasseler Bank und Deutschlandradio Kultur.

DAS PROGRAMM

Donnerstag, 27.10.2016

15:00 Grußwort von Bertram Hilgen (Oberbürgermeister und Kulturdezernent der Stadt Kassel)
15:30 PD Dr. Reiner Niehoff, Dr. Valeska Bertoncini: Die Erde feiern.
16:30 Ulrich Grober, Die Erde ist ein Stern – zur Kosmologie in Wenses Wander-Notaten.
17:30 Prof. Dr. Dieter Heim: Licht und Schatten – Wenses „Bilder der Astrologie“.

20:00 Konzert mit Liedern und Klavierstücken Hans Jürgen von der Wenses. Ausführende: Holger Falk (Bariton)und Steffen Schleiermacher (Klavier).

Freitag, 28. 10.2016

10:00 Prof. Dr. Wolfgang Kemp: Das „Selbstbestimmungsrecht“ der Regionen. Einige Vorläufer Wenses in der Zeit der Weimarer Republik.
11:00 Dr. Harald Kimpel: Wehrlosbrombeerbraundornsteindunkel: Wenses Farbenlehre.

Mittagspause

14:00 Dr. Sven Rücker: Der Wanderer und sein Schatten. Wenses Heraklit- Übersetzungen.
15:00 Andreas Langenbacher: „..hinein in das offene Bild der Flur..„. Wenses Schelling-Lektüre als Ausgangspunkt seines ambulatorischen Denkens.
16:00 Daniele Dell’Agli: „Zu vielem etwas Genie, aber zu nichts Talent.“ Zum Widerspiel von Enthusiasmus und Teleophobie bei Hans Jürgen von der Wense.

19:00 „Aufbruch ins Wetter. Die Wetterbücher Hans Jürgen von der Wenses.“ Uraufführung des Radioessays (SWR2 2016). Einführende Worte von Vasleska Bertoncini.

Flyer mit ausführlichem Konzertprogramm zum Download:  wense-flyer

DIE REFERENTEN DER TAGUNG

 Reiner Niehoff, geboren 1959, Germanist und Philosoph. Habilitation 2000 über Hans Henny Jahn; zusammen mit Valeska Bertoncini Herausgeber der Briefe Hans Jürgen von der Wenses (2005). Publikationen zu Marcel Proust, Georges Didi-Hubermann, Harun Farocki und Alfred Döblin. Seit 2013 gibt er in seinem Blauwerke Verlag (Berlin) die Groschenhefte des Weltgeists heraus, darunter etliche bislang unveröffentlichte Schriften Hans Jürgen von der Wenses.
http://www.blauwerke-berlin.de/

Valeska Bertoncini ist Philosophin, Literaturwissenschaftlerin und Mitherausgeberin des Briefwerkes Hans Jürgen von der Wenses Von Aas bis Zylinder (2005); zusammen mit Martin Weinmann hat sie die DVD-Edition des Abecedaire – Gilles Deleuze von A bis Z (2009) besorgt. Zusammen mit Reiner Niehoff gibt sie im Blauwerke Verlag die Groschenheften des Weltgeists heraus.

Ulrich Grober, geboren 1949, arbeitet als Journalist und Buchautor an einer Kultur der Nachhaltigkeit. Dazu gehört für ihn nicht zuletzt die „alte Kunst“ des Wanderns. Sein Buch Vom Wandern: Neue Wege zu einer alten Kunst (2006, 2011) gilt als Standardwerk. Sein neuestes Buch Der leise Atem der Zukunft ist gerade erschienen. Es erzählt vom „Aufstieg nachhaltiger Werte in Zeiten der Krise“.

Dieter Heim, Prof. Dr., geboren 1925; 1944-1946 Abitur, Kriegseinsatz und Gefangenschaft, danach Studium in Göttingen und Freundschaft mit Hans Jürgen von der Wense; 1956 Promotion (Mineralogie), 1964 Habilitation (Geologie und Petrografie); 1966, nach dem Tod Wenses, Übernahme von dessen schriftlichem Nachlass; seit dem Ruhestand 1987 neben wissenschaftlicher Publikationstätigkeit Arbeit an der Edition des Wense-Nachlasses, zuletzt Wanderjahre (Berlin, 2006).

Wolfgang Kemp, geboren 1946 in Frankfurt am Main, ist Professor für Kunstgeschichte an der Universität Hamburg. Er hat zahlreiche Bücher und Aufsätze zu Kunstgeschichte, Rezeptionsästhetik und Erzählforschung veröffentlicht, darunter ein Standardwerk zur Geschichte und Theorie der Fotografie. Zuletzt erschienen: Wir haben ja alle Deutschland nicht gekannt. Das Deutschlandbild der Deutschen in der Weimarer Zeit (Heidelberg University Press, 2016).
http://www.leuphana.de/universitaet/personen/wolfgang-kemp.html

Harald Kimpel, Dr. phil., geboren 1950, war von 1980 bis 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Kulturamt Kassel. Kurator und Autor mit Schwerpunkt auf zeitgenössischer Kunst (u.a. art@science. Drei Positionen der Wissenschaftsästhetik, 2014), Geschichte der documenta (zuletzt UTOPIEdocumenta. Unverwirklichte Projekte aus der Geschichte der Weltkunstausstellung, 2015) und kulturgeschichtlichen Themen (u.a. Innere Sicherheit. Bunker-Ästhetik, 2009)

Andreas Langenbacher promovierte über „Langeweile und Imagination“ und arbeitet als freischaffender Essayist und Literaturkritiker u.a. für Neue Zürcher Zeitung, NZZ am Sonntag, Du. Beiträge in zahlreichen Buchpublikationen, u.a. „Ludwig Hohl – Alles ist Werk“, 2004; „Das grosse Spiel – Archäologie und Politik“, Dumont Verlag 2009; How does ist feel – Das Bob-Dylan-Lesebuch, 2011; Ortlose Mitte – Das Ich als kulturelle Hervorbringung, Wallstein Verlag 2013.

Sven Rücker studierte Philosophie, Geschichte und Germanistik und promovierte mit einer Studie über Das Gesetz der Überschreitung (Fink-Verlag 2013). Seine Dissertation wurde mit dem Ernst-Reuter-Preis der Freien Universität Berlin ausgezeichnet.

Daniele Dell’Agli, 1954 in Rom geboren, studierte Religionswissenschaft, Komparatistik und Philosophie in Berlin. Seit 1983 Übersetzer, Lyriker und Essayist. Beiträge zur Zeitdiagnostik, Religionskritik, Musik- und Filmästhetik für das Onlinemagazin Perlentaucher. Zuletzt erschienen die Essays Cherchez la femme (Basilisken-Presse 2015) und Aufruhr im Zwischenreich (Fink-Verlag 2016).
www.dellagli.de; https://www.perlentaucher.de/ptautor/daniele-dell-agli.html

DIE MITWIRKENDEN DES KONZERTS

Holger Falk ist einer der meistgefragten Baritone auf deutschen und internationalen Bühnen. Neben barockem und klassischem Repertoire gehört das zeitgenössische Musiktheater zu seinen Schwerpunkten, u.a. mit großen Partien in Opern von Wolfgang Rihm, Peter Eötvös oder Michael Wertmüller. Als Liedinterpret ist er besonders mit der ersten Gesamtaufnahme der Mélodies von Francis Poulenc sowie mit den Hölderlin-Liedern von Josef Matthias Hauer hervorgetreten. Für seine Gesamteinspielung „Erik Satie: Mélodies et Chansons“ mit Steffen Schleiermacher am Klavier erhält er 2016 den renommierten „Echo Klassik“.
http://holgerfalk.de/

Steffen Schleiermacher ist als Pianist, Komponist, Gründer des Ensembles Avantgarde und Leiter zahlreicher Festivals und Konzertreihen nicht mehr aus der Szene der zeitgenössichen Musik wegzudenken. Er hat auf Konzert- und Vortragsreisen in der ganzen Welt mit den bedeutendsten Orchestern unserer Zeit musikziert und in rund 60 CD-Aufnahmen ein fast enzyklopädisches Kompendium moderner und zeitgenössischer Klaviermusik vorgelegt. Als Komponist konnte er Auftragswerke u.a. für die Oper Bonn („Kokain“ 2004) und das Gewandhausorchester Leipzig („Gegen Bild“ 2006, „Das Leuchten der singenden Kristalle“ 2009).
http://www.schleiermacher-leipzig.de/